FBI National Academy (USA) 2016

Woche 7

International Night und anderes

22.02.2016

Zwischen dem Wäsche trocknen, dem damit notwendigerweise verbundenen Zusammenlegen sowie der Vorbereitung eines Vortrages, der eigentlich erst am Freitag vorgesehen war, nun aber bereits doch morgen abverlangt wird, komme ich tatsächlich noch dazu, um kurz vor 22:00 Uhr ein paar knappe Zeilen zum heutigen Tag zu schreiben. Falls noch nicht bemerkt sei darauf hingewiesen, dass ich ein paar visuelle Eindrücke vom New York Field Trip online gestellt habe.

Die Instructors schalten heute nochmals einen Gang hoch, da nur noch knapp zweieinhalb Wochen für fachlichen Input zur Verfügung stehen. Der Tag beginnt mit Leading At-Risk Employees und ich komme mit Mike VanMeter überein, meinen Vortrag zur Dienstvereinbarung Sucht in Baden-Württemberg angesichts der sonstigen Arbeitsauslastung und der repräsentativen Verpflichtungen in dieser Woche bereits morgen zum Besten zu geben. Außer einer Gedankenskizze existiert unglücklicherweise noch keinerlei Vorbereitung, gegen 19:30 Uhr habe ich die wesentlichen Inhalte indes in einer kleinen Präsentation zusammengebastelt. Nach alldem, was ich in den Diskussionen hierzu bislang aufnehmen konnte, ist Baden-Württemberg im internationalen Vergleich mit der Dienstvereinbarung Sucht herausragend gut aufgestellt. Wissam Fakhouri, ein International aus dem Libanon, berichtet mir in einem Pausengespräch beispielsweise, dass in seiner Heimat keinerlei entsprechende Regelungen existieren. Möglicherweise werden die Inhalte, die ich morgen präsentiere, seitens der Zuhörer als gelungenes Beispiel für den Umgang mit Suchtkranken aufgefasst. Vielleicht können sie sogar als Impulse für eigenes Handeln in diesem Bereich dienen, ich würde es mir im Sinne der Betroffenen jedenfalls wünschen.

E. J. O’Malley übernimmt die Section 2 um 09:30 Uhr. Gestern fanden die Daytona 500 statt (http://www.daytonainternationalspeedway.com/Events/2016/DAYTONA-500/DAYTONA-500.aspx), die er mit seinen drei halbwüchsigen Söhnen angeschaut hat. Prompt kommt ihm die Idee für die heutige Aufgabe an die Section: Die Daytona 400’s – Zum Glück interessiert er sich nicht für Ultratriathlon…(https://de.wikipedia.org/wiki/Ultratriathlon). Die Aufgabe: Zusammen mit einem Partner alternierend den 440 Yard – Track absolvieren, das ganze 4 Runden lang recht kommod und 4 weitere Runden lang an der Belastungsgrenze.

Nächste Woche ist die „Qualifikation“ für die Teilnahme an der Yellow-Brick-Road, in deren Vorfeld nochmals eine Mindestleistung über die Meilendistanz nachzuweisen ist.

Nach Forensics (Schwerpunkt heute: DNA-Untersuchungen) sowie Stress Management in Law Enforcement sitze ich ab 17:00 Uhr am Schreibtisch. Ab 19:00 Uhr findet die so genannte „Flag Night“ statt, die laut der Einladungsmail folgenden Sinn hat: „[…] Basically, it’s a meet and greet with those FBI/DEA personnel who will be assigned to field offices in your home states“. Da ich im Gegensatz zu den Domestic Students nicht Hauptzielgruppe bin, streife ich die Veranstaltung nur recht kurz. Das ganze findet im Boardroom statt, dessen „Fruchtsäule“ (Wasengänger wissen, wovon ich schreibe, hier trotzdem hier ein paar Basics für honoris causa – Schwaben: http://www.cannstatter-volksfestverein.de/seiten/volksfest/fruchtsaeule.html), wie nicht anders zu erwarten, der Stand meiner texanischen Freunde ist, der von weither eingesehen werden kann:

Bei einem Besuch in der Bibliothek entdecke ich heute außerdem eine Collage, welche den Wikipedia-Eintrag zur Herkunft des Ausdrucks „G-Man“ validiert (https://de.wikipedia.org/wiki/G-Man_%28Slangausdruck%29, siehe Impressionen zur Woche 7). Auch popkulturell ist der Aufenthalt hier also Gewinn bringend, Jerry Cotton liest sich von nun an ganz anders 🙂

Ich freue mich auf die weiteren Tage, zu erwartendes Highlight ist die International Night am Mittwoch. Drei Mitarbeiter der deutschen Botschaft werden mich bei meinen Bemühungen, Stadt, Region, Land und Bund zu (re)präsentieren, dankenswerterweise unterstützen. Der von dort bereits jetzt geleistete Support im Vorfeld meines Aufenthalts und hinsichtlich der International Night war Beispiel gebend!

23.02.2016

Über 230 Menschen für zehn Wochen unter mehr oder weniger vollständiger Aufgabe der Privatsphäre – Es ist nicht verwunderlich, dass all das, was im sonstigen Leben so passiert, früher oder später auch hier passiert. Einer der Domestic Students hat sich am gestrigen Tag zum Arzt begeben, um am Abend zu erfahren, dass er lebensbedrohlich erkrankt ist und sich sofort in einer Spezialklinik in New York einer hochkomplexen Operation unterziehen muss. Innerhalb weniger Stunden kommen in einem Akt unfassbarer Solidarität aus dem Jahrgang über 4.000 Dollar zusammen, um der Familie eine unkomplizierte Anreise nach Quantico zu ermöglichen und selbige in den nächsten Stunden und Tagen zumindest finanziell zu entlasten. Eine Rückkehr in diese Session, die über die lange Zeit zu einer Art Ersatzfamilie geworden ist, wird nicht mehr möglich sein. Durch einen Spalier aus mehreren hundert Menschen verlässt der mir in den letzten knapp zwei Monaten sehr ans Herz gewachsene Kollege mit vielen sehr bewegenden Gesten die FBI Academy.

Das Leben ist manchmal komisch.

Weite Teile des Vormittags sind auf Grund der jüngsten Entwicklungen ausgefallen und es fällt schwer, nach dem Mittagessen wieder in den gewohnten Trott zurückzufinden. Mir bleibt indes keine andere Wahl, da mir ab 12:30 Uhr ein Vortrag zur Thematik „Addiction Treatment in Baden-Württemberg“ abverlangt wird. Nach gut 45 Minuten habe ich gegen 13:15 Uhr in Leading At-Risk Employees alle Prüfungen erfolgreich absolviert und den ersten Kurs komplett in der Tasche. Der von mir gestern herbeigesehnte Austausch kommt nach meinem Input gut in Gang und viele der Zuhörer erkundigen sich nach den Hintergründen des baden-württembergischen Ansatzes. Insbesondere mein panamaischer International stellt zahlreiche ergänzende Fragestellungen, denn auch in seinem Land existert noch kein diesbezügliches Konzept.

Den Schlusspunkt des heutigen Tages setzt E. J. O’Malley, der eine eindrucksvolle Diskussion zum Aspekt „Perspektivenwechsel und Zufriedenheit“ anstößt, in dem er eine Dokumentation über einen körperlich behinderten Iron Man – Finisher zeigt. Im praktischen Teil lässt er es mit einem Tabata – getimten Zirkel vergleichsweise ruhig angehen, da morgen die nächste Challenge ansteht. Interessant: Auch nach fast zwei Monaten habe ich teilweise immer noch keine Ahnung, was er von uns bzw. mir will – Oder versteht irgendeiner diese „E. J. – Ismen…“ im Programm des heutigen Tages?? 🙂

Auch um 17:00 Uhr ist der Tag noch nicht beendet, denn bis spätestens am Freitag ist das nächste Negotiation Position Paper vorzulegen. So sitze ich bis knapp 18:00 Uhr mit meiner Arbeitsgruppe zusammen und nachdem dieser Bericht online ist, werde ich mich der Vorbereitung der International Night widmen.

Erkenntnis des Tages: Ich fühle mich geerdet. Das, was ich heute Morgen noch als Problem angesehen habe, war heute Mittag – nach der Verabschiedung unseres Mitstreiters eingebettet in einen anderen Bezugsrahmen – keines mehr. Oft schon habe ich diese Erfahrung machen müssen und ich nehme mir vor, die zu Grunde liegende Erkenntnis nun endlich in Teile meines Bewusstseins zu verschieben, auf die ich häufiger zugreife. Allzu oft gerät sie in den Mühlen des Alltags in Vergessenheit.

Schönes Motto von Ph.D. Sean Larned zu Beginn von Woche 7.

45 Minuten Input aus baden-württembergischer Sicht.

Die International Night der FBI NA – Session 263

24.02.2016

Heute ist International Night an der National Academy und die Internationals sind aufgefordert, ihre Behörde und ihr Land zu (re)präsentieren. Bereits im Vorfeld habe ich mich mit der Deutschen Botschaft in Washington hierzu abgestimmt und auf allen Ebenen hervorragenden Support erhalten!

Es ist vor allem aber auch Mittwoch, demnach findet zuvor die wöchentliche Challenge statt. Für Virginia und besonders den Großraum Washington ist am Vormittag eine niederschwellige Tornadowarnung für den Abend herausgegeben worden. Meinen fragenden Blicken hierzu begegnet man entspannt, ist man derartiges hier doch gewohnt. Insofern entspanne auch ich mich und widme mich dem Workout. Die Challenge des heutigen Tages ist der so genannte „Winged Monkey Assault“, der auf Grund der Tornadowarnung statt draußen in der weiläufigen Sporthalle der FBI Academy stattfindet. Gefordert ist ein „Ten to Ten“ – Contest ähnlich dem bereits mit E. J. O’Malley absolvierten.

Erste Erkenntnis des Tages: Das einzige, was man bis zur vollkommenen Erschöpfung nach 30 Minuten benötigt, sind ein Tabata-Timer und drei Quadratmeter Platz.

Um 14:00 Uhr beginnt der Aufbau für die International Night, einem weiteren Highlight der National Academy. Alle internationalen Studenten haben die Gelegenheit, Land, Kultur, Polizei und nicht zuletzt landestypische Speisen und Getränke zu präsentieren. Eine einmalige Gelegenheit, einen Blick weit hinaus über den Tellerrand Baden-Württembergs zu werfen!

„Keep it simple!“ war der Ratschlag von Supervising Special Agent James „Jim“ Breen vom Unit Staff der NA bezüglich des Essens. Ich halte mich daran – Deutsche Würstchen mit Brot, Senf und Bier funktionieren immer! Andere Internationals haben teilweise Köche an ihren Tischen, die ebenfalls Leckeres, Unbekanntes und zum Teil Ungewohntes reichen. In direkter Nachbarschaft zum deutschen Tisch reicht Attorney Daniel Daganzo vom National Bureau of Investigation (NBI) der Philippinen beispielsweise Balut (angebrütete Eier), in seiner Heimat eine absolute Delikatesse (https://de.wikipedia.org/wiki/Balut). Beschwingt vom Verlauf der Veranstaltung werden manche meiner Mitstreiter mutig und jedes Mal, wenn sich eine größere Menschentraube um den Tisch versammelt, ist danach ein Ei verschwunden. Das Treiben erheitert beobachtend beschließe ich, bei meinen Würstchen zu bleiben 🙂 !

Mit hervorragender Unterstützung von Karin Himmelreich, Erhard Lotz und Markus Voll von der Deutschen Botschaft ist der Stand rasch aufgebaut und genau so hervorragend betreut. Auch als die von der Botschaft für mich beschafften und im Außenbereich gelagerten deutschen Lebensmittel in einem sintflutartigen Regen (ich nehme an, dass dies ein Ausläufer des Tornados war) fast von dannen schwimmen, nehmen meine Unterstützer ihre komplette Durchnässung in Kauf, um alles in Sicherheit zu bringen.

Dafür und für den Abend an sich einen ausdrücklichen und herzlichen Dank!

Fast alles, was ich an repräsentativen Giveaways und Streuartikeln vom Innenministerium Baden-Württemberg, vom Polizeipräsidium Stuttgart, von der Stadt Stuttgart und vom Regionalverband Stuttgart mit in die USA genommen habe, findet interessierte und dankbare Abnehmer. Ergänzt wird das Portfolio noch durch Material, das die deutsche Botschaft zur Verfügung gestellt hat. Der Ansturm auf den deutschen Stand ist enorm und ich habe das Vergnügen, vor der riesigen Deutschlandfahne, welche die FBI Academy zur Verfügung gestellt hat, mit einer sicherlich dreistelligen Anzahl an Personen für ein Foto zu posieren. Der Entschluss, für die International Night eine baden-württembergische Polizeiuniform mitzunehmen, hat sich als goldrichtig erwiesen! Nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung verlagert sich das Geschehen in den Boardroom, gegen Mitternacht liege ich im Bett.

25.02.2016

Am Morgen des 02. Mai 2011 heben in Afghanistan je zwei Hubschrauber des Typs MH-47 Chinook bzw. MH-60 „Black Hawk“ ab, um eines der wesentlichsten Wahlkampfversprechen von US-Präsident Barack Obama zu erfüllen: Die Gefangennahme von Al-Quaida Anführer Osama Bin Laden, der durch die CIA zuvor in einem in Abotabatt / Pakistan gelegenen Anwesen lokalisiert werden konnte. An Bord: 79 Operator sowie ein Diensthund der United States Naval Special Warfare Development Group (DEVGRU), einer Spezialeinheit der US Navy SEALS. Die Schilderungen der Geschehnisse dieses Tages, der mit dem Tod des Terroranführers endete, unterscheiden sich je nach Berichterstatter. Heute gestaltet einer der an der Aktion wesentlich beteiligten Operator das Enrichment, der unter dem Pseudonym Mark Owen ein Buch zu seinen Erlebnissen geschrieben hat („No Easy Day,’ Bin Laden Raid Book: Osama Was Unarmed“). Etwa 90 Minuten berichtet der ehemalige Navy SEAL im erwartungsgemäß gut gefüllten Auditorium zu verschiedenen Aspekten der SEAL-Ausbildung, zu bestimmten damit zusammenhängenden bzw. daraus ableitbaren Führungsprinzipien sowie zu dem Einsatz an sich, der unter dem Namen „Operation Neptune’s Spear“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Neptune%E2%80%99s_Spear) in die Geschichte einging.

Gerne hätte ich ein paar visuelle Eindrücke der Veranstaltung online gestellt, die ein weiteres, absolutes Highlight des fachlichen Inputs darstellt. Foto-, Video- und Tonaufnahmen sind während der Veranstaltung aus Sicherheitsgründen jedoch streng verboten. Nach dem Vortrag kann ich ein paar kurze Worte mit ehemaligen Elite-Soldaten wechseln und mich per Handschlag zumindest persönlich für seinen Vortrag bedanken.

Am Nachmittag widme ich mich drei weiteren Vorträgen, die in den nächsten beiden Wochen fällig sind.

26.02.2016

Es ist 20:30 Uhr und ich sitze – was richtiger wäre – statt vor einem Freitagabendbier bei ein paar guten Gesprächen im Boardroom an meinem Schreibtisch, da nach Ende der Vorlesungen heute klar ist, dass mein gesamtes Wochenendprogramm nicht so stattfinden kann, wie ich es geplant habe. Eigentlich wollte ich morgen nach Arlington um das Grab John F. Kennedys zu besichtigen, am Sonntag wäre das Smithsonian Udvar Hazy Center in der Nähe des Flughafen Washington-Dulles an die Reihe gekommen (https://airandspace.si.edu/visit/udvar-hazy-center).Schon immer mal wollte ich eine Raumfähre im Original bewundern, dort ausgestellt ist die Discovery, die mit 39 Weltraumflügen am häufigsten eingesetzt wurde. Daraus wird allerdings nichts, da mindestens zwei der drei Vorträge, die ich noch zu halten habe, doch bereits nächste Woche fällig sind (einer bereits am Montag), möglicherweise kommt der Dritte noch hinzu. Parallel dazu muss ich am Dienstag ein weiteres Paper für den Crisis Negotiations Course einreichen (wenigstens eine Gruppenarbeit), am Abend findet außerdem nun die in der Blizzard-Woche (hier scherzhaft „Snowmargeddon“ genannt) ausgefallene Gedenkveranstaltung am Law Enforcement Memorial in Washington statt. Auch hier haben die Internationals wieder einen repräsentativen Part abzudecken, der von Police Lieutenant Colonel 維容 aus Taiwan übernommen wird.

…Schreibt man wirklich so, kann man aber als „christan name“ auch mit Wei-Jung „Vivien“ Chang übersetzen 🙂 Sie ist Liaison Officer der taiwanesischen National Police Agency in Taipeh und auch ihr Stand war vor zwei Tagen herausragend gut besucht. Möglicherweise lag dies mit an einem Getränk, das mir heute als „rocket fuel“ beschrieben wurde.

Wie dem auch sei: Es liegt ein arbeitsames Wochenende vor mir, ich hoffe, dass ich morgen wenigstens nach Arlington komme. Am Sonntag sitze ich ab 15:00 Uhr mit zwei Arbeitsgruppen zusammen, ab 18:00 Uhr findet die so genannte „Texas Night“ statt, bei der die texanischen NA-Studenten zu einem BBQ laden, wie man es ursprünglicher wohl nicht erleben und bekommen kann. Major Clint Greenwood vom Harris County Sheriff’s Office in Houston / Texas hat mir eine „Honorary Texas Citizenship“ in Aussicht gestellt, nachdem er mir bereits eine Texasflagge zur Aufhängung in meinem Garten überreicht hat.

Für das kommende Wochenende plane ich mit Lieutenant Adam Brainard / New York (State) einen Field Trip nach North Carolina, wo seine Schwester ganz in der Nähe des Atlantik lebt. Möglicherweise fällt dort bereits die 20 Grad – Marke.

Der „German Table“ an der International Night (hier zusammen mit den Helfern von der Deutschen Botschaft in Washington).

27.02.2016

Mein Roomate ist gestern Abend abgereist, um einen aus Texas eingeflogenen Bekannten in Washington zu treffen, dem er die Stadt zeigen wird. Insofern habe ich das Zimmer für mich und kann ungestört bis gegen Mitternacht arbeiten.

Ich stehe heute um 07:30 Uhr auf und beginne den Tag mit 6,2 Meilen auf dem Laufband, daran schließt sich ein Frühstück an, das ich mit den letzten an der FBI Academy Verbliebenen zu mir nehme. Viele Kollegen sind vor den letzten drei Wochen zur Erholung nochmals nach Hause gefahren, da die Aufgabendichte zum Abschluss deutlich zugenommen hat.

Um 10:00 Uhr fange ich an zu arbeiten und um 12:00 Uhr habe ich einen weiteren Foliensatz fertig – Sehr gut, ein wenig samstäglicher Entspannung steht nichts entgegen, zumal ich seit Mittwoch durchgängig recycelte Luft geatmet habe. Mein Partner des heutigen Tages ist Darrin Segrest, Sumter Sheriff’s County / Florida. Wir haben uns schon in Woche eins gut angefreundet und um 12:30 Uhr fahren wir zusammen nach Washington, um den Arlington Cemetary zu besichtigen (http://www.arlingtoncemetery.mil/#/). Der fachliche und persönliche Austausch auf der Fahrt offenbart wieder eine vollkommen andere Facette der USA und es gelingt mir, meinen Horizont durch einen abermaligen Perspektivenwechsel nochmals deutlich zu erweitern. Interessant und wahrscheinlich müsste man auch in Deutschland lange suchen, um Ähnliches zu finden: Sowohl Darrin’s drei Brüder (aktiv), als auch sein Vater wie auch sein Großvater (pensioniert) sind bzw. waren allesamt Polizisten in Florida – Darrin wird der erste sein, der nun in drei Wochen die FBI Academy als NA-Graduand verlässt.

Der Arlington Cemetary ist einer von insgesamt 139 Nationalfriedhöfen in den USA. Das riesige Gelände – es umfasst aktuell etwa 260 Hektar – dient als Begräbnisstätte für Soldaten und herausragende Politiker einschließlich deren Ehegatten und ggf. Kinder, wobei die Beisetzungskriterien im Laufe der Zeit einem gewissen Wandel unterlagen. Die beiden Highlights sind sicherlich das Grabmal des unbekannten Soldaten sowie die Gräber der Verstorbenen des Kennedy-Clans, allen voran John F. Kennedy.

Darrin und ich können um 14:00 Uhr einen Wachwechsel am Grabmal des unbekannten Soldaten mitverfolgen – Sehr spektakulär und an dieser Stelle potentiellen Besuchern der US-Hauptstadt dringend empfohlen!! Seit 1937 bewachen Soldaten der 3. US Infantry, ehrenvoll als „The Old Guard“ bezeichnet, das Grabmal – 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr. Das Hauptquartier der Einheit befindet sich in Fort Mayer / Virginia. Sowohl Frauen als auch Männer dienen in dieser Elite, die strenge Auswahlkriterien hat. Wer sich berufen fühlt, darf bestimmte Größenvorgaben weder über- noch unterschreiten, einen Hüftumfang von maximal 30 Zoll haben, ferner muss die gesamte Formalausbildung erfolgreich durchlaufen werden. Die durchschnittliche Verwendungsdauer in der Honor Guard am Grabmal des unbekannten Soldaten beträgt ein Jahr, ist jedoch grundsätzlich ohne Limitierung.

Was dort seit nunmehr 78 Jahren ununterbrochen passiert, ist folgendes: Der Wachsoldat läuft vor dem Grabmal exakt 21 Schritte auf einer schwarzen Matte, was als Anspielung auf die höchste Ehrung zu verstehen ist, die militärischen oder ausländischen Würdenträgern zuteil werden kann: Der 21 Schuss-Salut. Nach diesen 21 Schritten bleibt er ohne Kehrtwende zunächst stehen, dreht sich um 90 Grad und blickt für 21 Sekunden auf das Grabmal. Anschließend dreht er sich erneut, wechselt sein mit aufgepflanztem Bajonett versehenes Gewehr des Typs M 14 in einer exakten Choreographie auf die andere Schulterseite, wartet abermals 21 Sekunden und legt dann auf der Matte 21 Schritte in die andere Richtung zurück. Hier wiederholt sich der oben beschriebene Ablauf erneut – Tag und Nacht, im Sommer wie im Winter und unabhängig davon, ob es schneit, stürmt, regnet oder hagelt. Die Wache wird im Sommer alle 30, im Winter alle 60 und nach Schließung des Friedhofs alle 120 Minuten abgelöst. Die Ablösung dauert ca. sieben Minuten, wobei alle Beobachter zu stehen haben. Rauchen ist an diesem Ort ebenso wenig erlaubt wie Kaugummi kauen und ich erlebe die zur hiesigen Wiedergabe nicht geeignete Reaktion des die Ablösung befehligenden Soldaten, als sich während der Zeremonie ein Zuschauer tatsächlich pietätlos hinsetzt.

Darrin und ich laufen weite Teile des Friedhofs ab und besichtigen natürlich auch die Gräber der Kennedys. Ich erfahre dabei viel über die amerikanische Sicht auf Militärgeschichte und die Bedeutung hiesiger Erinnerungskultur. Das Abendessen nehme ich mit einer Fünfergruppe in einem Lokal in Stafford ein und nach einer Partie Billard im Boardroom liege ich gegen 22:30 Uhr im Bett.

Morgen wartet ein Sonntag voller Arbeit auf mich.

28.02.2016

In Quantico herrscht strahlender Sonnenschein und die Temperaturen sollen heute auf über 15 Grad steigen, langsam bekommt man auch hier eine Idee, wie der Frühling aussehen und sich anfühlen könnte!

Mir nützt dies wie gestern avisiert heute leider wenig, denn ich sitze ab 08:00 Uhr an meinem Schreibtisch. Um 12:00 Uhr unterbreche ich meine Arbeit für ein Stündchen auf dem Laufband, um mich anschließend um 15:00 Uhr und um 17:00 Uhr mit zwei Arbeitsgruppen zur Vorbereitung von Gruppentest und –präsentation für den Crisis Negotiations bzw. den Forensics Course zu treffen.

Zuvor lasse ich mir ein Frühstück schmecken, am Sonntag besteht die Möglichkeit, sich frische Waffeln zu backen. Dabei erfahre ich heute Interessantes zur sehr fortschrittlichen Personalauswahl im Bereich Law Enforcement: Patrice Andrews, eine meiner amerikanischen Mit-Studentinnen aus North Carolina, wird heute Abend nach Hause fahren, um morgen und übermorgen an einem Assessment Center teilzunehmen, an dessen Ende die Nominierung eines neuen Police Chief für ihren regionalen Bereich erfolgen wird. „Und was ist mit ihrer dienstlichen Beurteilung bzw. einer Empfehlung von ihrem Chef?“ frage ich neugierig, da sie nur ganz kurz an meinen Tisch kommt. „Die berechtigt normalerweise nur zur Vorlage einer Bewerbung, die eigentliche Personalentscheidung ist im Rahmen eines vielschichtigen Auswahlverfahrens zu rechtfertigen“, entgegnet mir der bei mir sitzende Erik Baker von der Maine State Police.

Patrice wird sich also in den nächsten Stunden simulierten Personalgesprächen, psychologischen Tests, Fachdiskussionen und vielem mehr stellen müssen. So oder so ähnlich läuft die Besetzung aller Führungspositionen ab einer gewissen Hierarchiestufe ab, eindimensionale Werturteile zur Eignung oder Nichteignung für eine bestimmte Funktion bzw. ein bestimmtes Amt sollen so vermieden und eine valide Eignungsprognose ermöglicht werden. Zum Teil erfolgen die entsprechenden Assessments durch polizeiinterne, besonders fortgebildete Kolleginnen und Kollegen mit langjähriger Erfahrung in der Personalauswahl, zum Teil wird in Form von Personalberatungsfirmen auch externer Sachverstand hinzugezogen.

Ich ertappe mich dabei, wie ich mich – das wohlige Gefühl der Sättigung durch das vorzügliche Frühstück genießend – einen ganz kurzen Moment lang frage, ob bei uns gerade auch im Lichte des Artikels 33 Satz 2 Grundgesetz und vor dem Hintergrund der Erfahrungen anderer (hier der Amerikaner) speziell im Bereich Personalauswahl möglicherweise ein wenig Progression angezeigt sein könnte … den Gedanken beiseite schiebend widme ich mich ab 10:00 Uhr indes wieder meinem Paperwork.

Um 18:00 Uhr beginnt die so genannte „Texas Night“, bei der die Studenten von dort landestypische Speisen reichen. Das ganze wird umrahmt von Countrymusik und einer Tombola mit allerlei Preisen, die mich zum Teil an der Sicherheitskontrolle eines Flughafens wahrscheinlich in ernste Schwierigkeiten bringen könnten. Was mich nicht in Schwierigkeiten bringen würde, ist der von Sheriff David A.Byrnes / Kaufman County / Texas gesponserte Hauptgewinn:

Diese von Benchmarkbuckles einzelangefertigte Gürtelschnalle mit dem in Gold gehaltenen Emblem der NA sowie der Session-Nummer gewinne … tatsächlich ich 🙂 ! Gegen 20:00 Uhr wird die letzte unter mehreren hundert ausgegebenen Losnummern ausgerufen und es ist in der Tat meine – Ich habe noch nie im meinem Leben etwas gewonnen! Die Freude, dass ausgerechnet der International aus Deutschland dieses Unikat nun sein Eigen nennen darf, ist allenthalben groß und ich habe die Ehre (ähnlich wie bei der International Night, für die man sich auch heute nochmals nachdrücklich bei mir bedankt!) mit einer Vielzahl der Kolleginnen und Kollegen für ein Foto unter der texanischen Flagge bereitzustehen. Man merkt an vielen Kleinigkeiten im Jahrgang, dass die amerikanischen Kollegen sehr stolz darauf sind, in den Reihen der NA-Studenten auch Gäste aus der ganzen Welt zu haben.

Fazit:

Eine arbeitsame Woche ist geschafft und eine noch viel arbeitsamere liegt vor mir. Bis zum kommenden Freitag werde ich den Großteil aller Prüfungen absolviert haben. Das Ende ist in Sicht und in etwas mehr als 14 Tagen sehe ich nach gut zweieinhalb Monaten endlich meine Familie wieder, die zur Graduation anreisen wird.

Dass diese den beschwerlichen Weg nach Quantico auf sich nimmt, um dem Abschluss hier beiwohnen zu können (insgesamt werden um die 1.500 Gäste – vom Kongressabgeordneten bis zur Uroma – erwartet), ist das eigentliche Highlight dieses einmaligen Aufenthalts!

Field Trip Arlington Cemetary

Wegweiser zum Grabmal des unbekannten Soldaten.

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